Bei rechtlichen Streitigkeiten schrecken nicht Wenige davor zurück einen Rechtsanwalt einzubeziehen, da Sie hohe Verfahrenskosten befürchten oder ein Gerichtsverfahren möglichst vermeiden möchten. Oftmals handelt es sich bei der Gegenpartei um eine Firma oder Behörde mit eigenen Rechtsabteilungen, gegen die man sich chancenlos vermutet. Häufig auch um Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber oder Nachbarn, mit dem man auch zukünftig gut auskommen möchte. Damit auch Sie an Ihr Recht kommen ohne den finanziellen Ruin oder das Zerwürfnis mit der Gegenseite fürchten zu müssen, möchten wir Ihnen das Konzept der Rechtsschutz-Versicherung für Privatpersonen gerne näher bringen.
Was leistet die Rechtsschutz-Versicherung?
Die Rechtsschutz-Versicherung übernimmt in einem versicherten Rechtsstreit u.a. die Kosten:
- Ihres Rechtsanwalts gemäß dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (kurz: RVG)
- des gegnerischen Rechtsanwalts, wenn Sie diese infolge des Urteils tragen müssen
- des Korrespondenzanwalts im Ausland, sofern dieser aufgrund des Gerichtsstands im Ausland und der Entfernung zu Ihrem Wohnort benötigt wird
- für die Strafkaution (sofern angesetzt) im Rahmen eines zinslosen Darlehen
- für gerichtlich angeordnete Gutachten
- die Kosten die vom Gericht für das Verfahren angesetzt werden
Die großen Kostenpunkte sind also über die Rechtsschutz-Versicherung abgedeckt und die finanziellen Befürchtung damit hoffentlich passé.
Wie ist die Rechtsschutz-Versicherung aufgebaut?
Grundsätzlich sind in der Rechtsschutz-Versicherung die versicherten Rechtsstreitigkeiten definiert, z.B. Streitigkeiten im Vertrags- und Sachenrecht, Steuerrecht, etc.. Zusätzlich ist der Rechtsschutz in vier Bereiche unterteilt, die Sie individuell zusammenstellen können:
- Privatbereich, der Grundbaustein
- Berufsbereich, bei Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber
- Verkehrsbereich, bei Streitigkeiten im Straßenverkehr auch außerhalb des Autos (z.B. als Fußgänger, Radfahrer, ÖPNV, etc.)
- Immobilienbereich, bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit der selbstgenutzten Wohnung z.B. mit dem Vermieter, Nachbarn oder der Gemeinde
Ob Versicherungsschutz besteht hängt also davon ab, ob der betroffene Bereich versichert ist und die Streitigkeit zu den versicherten Leistungsinhalten gehört.
Leistet der Versicherer auch für außergerichtliche Streitschlichtung?
Über den Rechtsschutz ist i.d.R. auch die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts abgesichert, mit Ausnahme bestimmter Leistungen (z.B. Steuerrechtsschutz vor deutschen Gerichten). Neuere Rechtsschutz-Konzepte umfassen zudem auch die Kostenübernahme für Mediationsverfahren.
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Wie aus der Umfrage der ROLAND Gruppe hervorgeht, möchte ein Großteil der befragten Personen die rechtlichen Streitigkeiten außergerichtlich lösen. Die Mediation stellt hier eine tolle Lösung dar, insbesondere bei Streitigkeiten mit Personen, zu welchen ein engeres Verhältnis besteht z.B. dem Arbeitgeber oder Nachbarn. Bei der Mediation setzt sich ein Mediator (Streitschlichter) mit den beiden Parteien zusammen, klärt diese über die rechtliche Lage auf und versucht eine außergerichtliche Lösung herbeizuführen. Durch diese Streitschlichtung lassen sich teure und langwierige Gerichtsprozesse oftmals vermeiden, stattdessen wird eine Lösung gefunden mit der sich beide Parteien einig sind.
Falls Sie sich schon vor einem Rechtsstreit über Ihre Rechte informieren möchten, können Sie sich bei den meisten Versicherern an eine telefonische Rechtsberatung wenden. Hierbei schildern Sie Ihr Anliegen einem Juristen, dieser gibt Ihnen eine realistische Einschätzung der rechtlichen Lage und bewertet des Erfolgsaussichten eines weiteren Verfahrens.
Besonderheiten verschiedener Tarife
Die Tarife auf dem Markt unterscheiden sich auf den ersten Blick nur geringfügig voneinander, es gibt jedoch bestimmte Leistungen durch die sich die Versicherer deutlich abgrenzen. Bei der Auswahl der Rechtsschutz-Versicherung sollten Sie deshalb besonders auf die folgenden Leistungen achten:
Erweiterter Straf-Rechtsschutz
In der Rechtsschutz-Versicherung ist das Strafrecht zwar grundsätzlich abgedeckt, allerdings entfällt der Versicherungsschutz beim Vorwurf des Vorsatzes. Durch die Mitversicherung des erweiterten Straf-Rechtsschutzes leistet der Versicherer auch dann, wenn die Anklage auf Vorsatz lautet. Sollten Sie jedoch wegen Vorsatz verurteilt werden, sind Sie zur Rückzahlung der Leistung verpflichtet.
Kapitalanlagen-Rechtsschutz
In sehr alten Rechtsschutz-Tarifen waren Streitigkeiten im Zusammenhang mit nahezu allen Kapitalanlagen mitversichert. Da dieser Bereich jedoch häufig zu Schadenfällen geführt hat, ist der Versicherungsschutz mittlerweile fast ausschließlich auf risikoarme Kapitalanlagen (Sparbücher, staatlich geförderte Altersvorsorge, etc.) begrenzt worden. Es gibt jedoch manche Konzepte, die auch diesen Bereich umfangreich absichern.
Studienplatzklagen
Die Klagen wegen der Vergabe eines Studienplatzes findet man in den heutigen Konzepten nur noch sehr selten, es gibt aber auch hierfür noch Tarife die einen soliden Versicherungsschutz anbieten.
Erbschaftsstreitigkeiten
Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Familien- und Erbrecht sind in den meisten Rechtsschutz-Konzepten auf eine einmalige Beratung bzw. auf eine geringe Erstattung begrenzt. Über manche Konzepte ist auch eine höhere Absicherung möglich.
Scheidung- und Unterhalt
Für Scheidungs- und Unterhaltsstreitigkeiten gilt meist dieselbe Regelung wie beim Erbrecht, wer hierfür einen umfangreicheren Versicherungsschutz wünscht, kann diesen bei bestimmten Anbietern als Zusatzbaustein hinzuwählen.
Baustreitigkeiten
In der Rechtsschutz-Versicherung sind Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Bau genehmigungspflichtiger Immobilien generell ausgeschlossen. Es gibt bestimmte Anbieter, die dieses Risiko mit einem Sublimit versichern bzw. die hierfür einen eigenen Rechtsschutz anbieten.
Patientenverfügung / Vorsorgevollmacht
Bei bestimmten Tarifen erhalten Sie eine einmalige Leistung, die Ihnen bei der Erstellung einer Patientenverfügung und/oder Vorsorgevollmacht (teilweise auch Testament) zur Verfügung gestellt wird.
Vorvertraglichkeit
Grundsätzlich sind in der Rechtsschutz-Versicherung alle Streitigkeiten ausgeschlossen, die ihren Ursprung vor dem Beginn des Rechtsschutz-Vertrags haben. In manchen Tarifen sind jedoch auch diese Streitigkeiten versichert, wenn Sie dort eine gewisse Zeit (meist 5 Jahre) versichert sind.
Beispiel: Sie schließen eine Berufsunfähigkeitsversicherung im Januar 2015 ab und Ihre Rechtsschutz-Versicherung im März 2015. Im Juli 2020 werden Sie berufsunfähig und beantragen die Leistung bei Ihrer Berufsunfähigkeits-Versicherung, diese lehnt jedoch ab, da Sie eine Gesundheitsfrage – die in kausalem Zusammenhang mit Ihrer Berufsunfähigkeit steht – nicht wahrheitsgemäß beantwortet haben sollen. Ohne den Einschluss der Vorvertraglichkeit besteht kein Versicherungsschutz über Ihre Rechtsschutz-Versicherung, mit dem Einschluss schon, da Sie dort bereits 5 Jahre versichert sind.